Marvin Systermans -
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Serie: Neuenland

Marvin Systermans

Halle (Saale), 24 Jahre

Deutscher Jugendfotopreis 2015
Freie Themenwahl | Altersgruppe D (21-25 Jahre)

Prämie 200 € 

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Interview

Das Jahresthema lautete „Mein Deutschland“. Hattest du hierzu spontan eine Idee oder sogar bereits Fotos, die zum Thema passten?
- Ich hatte mich in dem angrenzenden Wintersemester intensiv mit dem Thema „Heimat“ beschäftigt
und dabei entstand diese Fotoserie. Auch vorher habe ich mich bereits mit diesem Thema beschäftigt. Zwischen 2009 und 2010 verbrachte ich im Rahmen meines FSJ ein Jahr im Ausland und sah mich bei meiner Rückkehr mit der Frage konfrontiert, was es für mich bedeutet, Deut¬scher zu sein und was mich genau mit diesem Land verbindet.

Was war dir wichtig, worum ging es dir dabei?
- Manche Bereiche der deutschen Kultur sind mir bis heute fremd. Dabei will ich sie nicht als etwas Schlechtes darstellen, sondern nur als etwas mir Fremdes. In meiner Fotoserie ging es mir darum, einen kleinen Bereich dieser Kultur zu untersuchen und aus meiner Beobachterrolle heraus einzufangen. Nachts wirken die kleinen Häuser, die jedes für sich einen ganz persönlichen, individuellen Heimat-Entwurf darstellen, besonders verschlossen. Zusätzlich fand ich in Neuenland eine besonders eigenartige Lichtsituation durch den angrenzenden Flughafen, wo¬durch sich für mich das Fremde noch deutlicher darstellen ließ.

„Neuenland“ - Was bedeutet der Titel deiner Arbeit?
- Der Ortsname „Neuenland“ war sehr passend, da es mir in der Arbeit darum geht, mich mit diesem sehr besonderen Entwurf von Heimat auseinanderzusetzen. Ich habe dort sozusagen ein für mich neues Land entdeckt.

Schrebergärten sind schon tagsüber eine Welt für sich. Wie ist die Atmosphäre in der Nacht?
- Die Atmosphäre nachts war gewöhnungsbedürftig, weil sich im Winter dort niemand aufhält. Da ich immer mehrere Stunden fotografierte, trug ich eine regelrechte Rüstung aus Pullovern, Jacken und Skihose, um nicht zu erfrieren. Es war ziemlich dunkel und nur einzelne Bereiche wurden von den Scheinwerfern des Flughafens erleuchtet. Zudem war es unheimlich still und ich habe mich am Anfang oft sehr erschrocken, wenn plötzlich ein unerwartetes Geräusch hinter mir auftauchte, von einem Tier oder ein Knarzen von den Schrebergartenhäusern. Auf die wenigen Fahrradfahrer, die von Zeit zu Zeit vorbeifuhren, wirkte ich sicher unheimlich, und nur einmal blieb jemand stehen und fragte mich interessiert, was ich dort mit der Kamera mache. Als ich mich nach einigen Besuchen an die Atmosphäre gewöhnt hatte, wurde mir der Ort dann immer vertrauter.

Wie ist deine Serie entstanden? Welche Technik(en) hast du benutzt?
- Für die Aufnahmen fuhr ich einige Wochen lang fast jede Nacht in die gleiche Schrebergartensiedlung. Dort bemühte ich mich, in der teilweise fast vollkommenen Dunkelheit Motive zu finden und die Kamera auf dem Stativ richtig auszurichten. Im Kontrast zu der Dunkelheit wurden ganz punktuell ein¬¬zelne Bereiche der Häuser und Wege von den Scheinwerfern des Flughafens erhellt. Mit Langzeitbelichtungen fing ich dann die Szenen ein, die sich aus der Lichtsituation und den skurrilen Gartenanlagen ergaben. Die meisten Aufnahmen musste ich viele Male korrigieren, da ich erst auf dem Bild¬schirm der Kamera wirklich sehen konnte, was ich eingefangen hatte.

Warum hast du genau diese Serie ausgesucht? Was fasziniert dich an ihr?
- Mich fasziniert an dieser Serie die Darstellung des mir Fremden und Verschlossenen. Nachdem ich mich entschieden hatte, an dieser Serie zu arbeiten, fing ich automatisch an, eine große Sammlung dieser Häuser anzulegen. In jedem gelungenen Foto entdeckte ich wieder neue Details, die etwas zu der Serie hinzufügten. Eine Deutschlandfahne, ein Spielzeug, ein umgestürzter Stuhl und Ähnliches. Ich merkte, dass sowohl die Details als auch die Vielzahl der Bilder notwendig waren, um mir ein vollständiges Bild zu machen. Die Serie hätte ich allerdings unendlich fortsetzen können und so entschied ich mich schließlich für die sechs eingereichten Fotos.

Seit wann fotografierst du? Wie bist du zur Fotografie gekommen?
- Als ich zehn Jahre alt war, schenkten mir meine Tante und Onkel meine erste kleine Kamera. Eine analoge Kleinbildkamera ohne Möglichkeiten für irgendwelche Einstellungen. Mit ihr begann ich begeistert, Blumen, Steine, Strukturen und Ähnliches zu fotografieren. Zu meinem sechzehnten
Geburtstag schenkten sie mir eine kleine analoge Spiegelreflex und mein Onkel erklärte mir die
Grundlagen, also die Funktionen von Blende, ISO, Belichtungszeit und Brennweite. Bis ich dann Jahre später im Rahmen meines Studiums anfing, mich intensiver mit Fotografie auseinanderzusetzen,
fotografierte ich sehr intuitiv.

Was fotografierst du am meisten? Welche Motive, bei welchen Gelegenheiten?
- Während meines Auslandsjahres habe ich sehr intensiv fotografiert, da ich das erste Mal eine digitale
Kamera besaß. Ich fing alles ein, was mir interessant erschien und meinen Alltag beschrieb, wobei ich
kein konkretes Konzept verfolgte. Inzwischen studiere ich Kommunikationsdesign, und obwohl der Studiengang die Fotografie nur bedingt behandelt, bearbeite ich meine Semesterthemen immer auch fotografisch. Wenn ich unterwegs bin, fotografiere ich auch heute noch gerne Motive, die mich spontan ansprechen, allerdings bin ich viel mehr dazu übergegangen, konzeptuell zu arbeiten und ein Thema ganz konzentriert zu fotografieren.

Hast du Vorbilder in der Fotografie?
- Vor meinem Studium habe ich ganz intuitiv für mich selbst fotografiert. Inzwischen habe ich mich mit vielen großen Fotografen beschäftigt wie Joel Sternfeld, Henri Cartier-Bresson und der Fotoagentur Magnum als solcher. Mich interessieren zurzeit allerdings mehr die unterschiedlichen Strömungen, die es gibt und die ich beim Stöbern in Magazinen und Fotoaus-stellungen finde. Ein konkretes Vorbild habe ich nicht, allerdings hat mich die Zeit in Bremen bei Prof. Bialobrzeski stark beeinflusst und weitergebracht.

Welche persönliche Bedeutung hat die Fotografie für dich?
- Für mich ist die Fotografie das Medium, mit dem ich meine Wahrnehmung, meine Sicht auf die Welt
am besten darstellen kann. Mich interessiert dabei der journalistische Aspekt genauso wie das konzeptuelle Vorgehen im Bereich der Gestaltung. Je nach Thema fasziniert mich mal die möglichst naturgetreue Abbildung und mal das Abstrahieren oder bewusst künstliche Inszenieren. In meinem Studiengang geht es meistens um das visuelle Kommunizieren von Inhalten und genauso verstehe ich inzwischen für mich die Fotografie. Die Art der Kommunikation ist demnach abhängig vom Kontext.

Wo und wem zeigst du deine Bilder? Stellst du deine Fotos aus?
- Viele Fotografien behalte ich für mich oder zeige sie nur interessierten Freunden, Kommilitonen und
Familie. Ausgewählte Arbeiten sind Inhalt einer Semesterarbeit für mein Studium und werden dann
bei hochschulinternen Präsentationen gezeigt und einmal im Jahr auf der Jahresausstellung meiner
Hochschule. 2014 habe ich eine fotografische Arbeit zum Thema „Simple, modulares Gestalten im Grafikdesign“ auf dem Farbtöne Festival in Halle ausgestellt. Das war für mich allerdings eine Ausnahme. Bisher habe ich meine Arbeiten als reine Studienarbeiten verstanden und nicht ausgestellt.

Wo findet man deine Bilder im Internet?
- Ich habe eine Tumblr-Seite und arbeite zurzeit noch an meinem Online-Portfolio. Die Bilder auf der
Tumblr-Seite geben also nur einen kleinen Einblick in meine Arbeiten und die Intentionen dahinter.
http://msystermans.tumblr.com

 

 

Preisträgerfotos + 2015 + Alter: 21–25 Jahre