Fotogruppe Kartists, Immanuel-Kant-Gymnasiums Münster
Münster, Ø 17 Jahre
Deutscher Jugendfotopreis 2020
Freie Themenwahl | Altersgruppe C (16-20 Jahre)
Auszeichnung 300 €
Interview
Wie kam die Idee zur eingesandten Arbeit zustande?
- [A. NORMANN] Auslöser war die kunsttheoretische Auseinandersetzung mit Cindy Sherman und ihrer Serie „History Portraits“, in welcher sich Sherman mit der Inszeniertheit von gemalten Porträtdarstellungen aus der Kunstgeschichte auseinandersetzt, indem sie sich selbst mit Witz und Ironie fotografisch in der Rolle der Gemalten inszeniert. In vielen ihrer Bilder befragt sie auch stereotypische Vorstellungen von den Geschlechterrollen kritisch.
Wie ist das Projekt abgelaufen?
- [A. NORMANN] Nach einer theoretischen Einführung in technische Grundlagen der Fotografie und Mittel der Inszenierung wurden Gestaltungsmittel in der Praxis erprobt. Zur Verfügung stand die Ausrüstung der Schule: zwei Spiegelreflexkameras mit Zoomobjektiven, Stative, LED-Leuchten, Softboxen und Fotohintergründe. In einem nächsten Schritt wurden von den Schülerinnen Gemälde gewählt, die sie gerne nachinszenieren wollten. Die Idee war, dass jede Schülerin ihren ganz persönlichen Zugang zu einem Gemälde sucht, um beim Schlüpfen in die entsprechende Rolle ein eigenes Darstellungsinteresse zu entwickeln. Die Schülerinnen brachten zur Kostümierung mit, was der Kleiderschrank hergab und der Rest wurde vor Ort improvisiert. Man half sich gegenseitig beim Fotografieren, um den optimalen Bildausschnitt, den optimalen Blick, die optimale Geste zu finden. Der letzte Arbeitsschritt bestand in einer digitalen Farbkorrektur und einer Retusche.
Wieso hast du dich genau für dieses Gemälde als Vorlage entschieden?
- [LINA] Wegen meiner arabischen Wurzeln habe ich mich für ein orientalisches Gemälde entschieden, welches ich gut mit meiner traditionellen Tracht inszenieren konnte. Somit war ich nicht nur eine Nachahmung eines antiquierten Gemäldes, sondern konnte ein Stück meiner Herkunft und Kultur in die Fotografie mit einfließen lassen. (https://pin.it/60xjw5I)
Hast du dich leicht in die Figur und damalige Zeit hineinversetzen können?
- [LINA] Da ich die Frau, die ich inszenierte, mit ihrer Kleidung als relativ zeitgenössisch empfinde, konnte ich ganz natürlich und ohne großen Aufwand für das Foto in diese Rolle schlüpfen.
Wie ist das Bild entstanden?
- [LINA] Als Hintergrund haben wir einen schwarzen Vorhang benutzt, um die weißen Leinentücher meiner „Assistenten“ zum Vorschein zu bringen. Außerdem haben wir für die Beleuchtung warmes Licht genutzt, das an die klimatischen Verhältnisse des Orients erinnern sollte.
Welcher Teil der Arbeit hat am meisten Spaß gemacht?
- [LINA] Auf jeden Fall das Posieren für die Fotografie! Meistens brauchten wir ein Dutzend Anläufe, bis dann mal ein gelungenes Foto entstand. Aber ein, zwei Späße erlaubten wir uns immer beim Fotografieren und so entstanden auch mal lustige Schnappschüsse dabei.
Was nimmst du aus der Unterrichtseinheit mit?
- [LINA] An theoretischen Grundlagen hat es auf jeden Fall nicht gemangelt. Zudem durften wir selbst das Fotoset variieren und Regieanweisungen geben. Es war zwar ein großer Aufwand, der sich aber gelohnt hat!
Welche Kompetenzen möchten Sie Ihren Schülern und Schülerinnen vermitteln?
- [A. NORMANN] Im Wesentlichen geht es mir darum, den Schülern und Schülerinnen dabei zu helfen, der Welt zum einen mit offenem (genießendem, würdigendem aber auch kritischem) Blick zu begegnen und sich zum anderen möglichst differenziert mit visuellen Mitteln auszudrücken.
Stellen Sie die Arbeiten aus?
- [A. NORMANN] Zurzeit sind die Arbeiten in der Schule ausgestellt.
Seit wann werden an Ihrer Schule Fotoprojekte durchgeführt?
- [A. NORMANN] Ich bin seit 2015 als Kunstlehrer am Immanuel-Kant-Gymnasium tätig. Fotoprojekte haben an der Schule eine Tradition, die weit vor diese Zeit zurückreicht.