Serie: between 0.8 & 2.2 g · cm³
Linda Kerstein
Berlin, 20 Jahre
Deutscher Jugendfotopreis 2020
Freie Themenwahl | Altersgruppe C (16-20 Jahre)
Hauptpreis 500 €
Jurybegründung
Plastikmüll. Eines der großen Themen der heutigen Zeit. Ist das jetzt Kritik in Linda Kersteins Serie? Oder ist das vielleicht auch erstmal egal? In wilden Assoziationen wird hier mit Plastik gespielt: Ein Mann liegt im Wald, ist in Plastik eingepackt, und auf den ersten Blick hält man ihn für eine weggeworfene Puppe. Ein Autospiegel ist provisorisch mit Plastikband geklebt – vergebens, ist er doch schon wieder abgefallen. Da sind Körperfragmente im Badezimmer, gekleidet in Plastiktütenmode…
Die Fotografin Linda Kerstein präsentiert eine skurrile und zugleich lebensfrohe Serie. Alles wirkt so mühelos und erfrischend, man spürt förmlich die Energie bei der Entstehung der Bilder. Mit toller Farbigkeit und stimmig komponierten Einzelbildern vermittelt sich ein künstlerisch überzeugendes Projekt. Ein ironischer und kreativer Umgang mit dem Thema „Plastikmüll“.
Glückwunsch an Linda Kerstein zum Hauptpreis beim Deutschen Jugendfotopreis in der Altersgruppe C (16 bis 20 Jahre).
Interview
Wie bist du auf die Idee zu deiner Serie gekommen?
- Das Material Plastik beschäftigt mich, seit ich 2015 einige Monate in England verbracht habe und es mir dort damals, noch mehr als hier, überall ins Auge gesprungen ist. Da habe ich angefangen, die Plastiktüten in den Bäumen und Büschen zu fotografieren. In meiner aktuellen Serie wollte ich das Material am menschlichen Körper zeigen und damit experimentieren. Ich bin hauptsächlich von meinem Instinkt getrieben, wenn ich an etwas arbeite, weniger von intensiver Planung. Der Plan kommt meist später dazu.
Was möchtest du mit deinen Bildern vermitteln?
- Einerseits verärgert über all das Plastik überall, habe ich gemerkt, dass davon für mich auch eine gewisse ästhetische Faszination ausgeht. Ich mache weniger das Plastikproblem in meiner Arbeit zum Thema, als dass ich einfach eine eigene Welt erschaffe, in der andere willkommen sind, selber zu spielen und frei zu toben.
Wie ist die Serie entstanden?
- Ich fotografiere ausschließlich analog und habe in dieser Serie das helle Licht meines Blitzes verwendet, um meine Begegnungen auf dem in Dunkelheit gehüllten Planeten sichtbar zu machen. Ich lasse die Filme entwickeln und scanne dann die Negative ein, um sie weiterzuverarbeiten. Bei der Bildbearbeitung nimmt dann das Fussel-Wegretuschieren die meiste Arbeit ein.
Warum hast du genau diese Bilder ausgesucht? Was fasziniert dich an ihnen?
- Die Bilder sind Teil einer größeren Serie, aber gute Stellvertreter für das gesamte Projekt. Mich fasziniert daran, wie man mit den Mitteln der Erde sich trotzdem ins Weltall auf andere Planeten beamen kann.
Wie bist du zur Fotografie gekommen?
- Als ich ungefähr 9 Jahre alt war, habe ich mir eine kleine Digicam von meinen Eltern geschnappt und im Garten mit meinen Freunden Bilder gemacht. Irgendwann hatte ich dann meine eigene Kamera und mit etwa 14 Jahren hab ich angefangen, mit den analogen Kameras zu fotografieren, die meine Eltern noch hatten.
Was fotografierst du am meisten?
- Am meisten und liebsten fotografiere ich meine Mitmenschen, meistens meine Freunde, und natürlich Plastik ;)
Hast du Vorbilder in der Fotografie?
- Mein erstes Vorbild in der Fotografie war Wolfgang Tillmans, vor allem seine Fotos, die in den 90ern entstanden sind. Aktuell schaue ich mir die Arbeiten von Harley Weir gerne an, ich liebe die Farben in ihren Bildern, und wie sie teilweise auf ihre Bilder malt.
Wo und wem zeigst du deine Bilder?
- Meinen Mitstudierenden und generell anderen Menschen, die sich mit Fotografie beschäftigen. Bisher habe ich auf zwei Gruppenausstellungen meine Bilder gezeigt: „analog“ in der Galerie der Neuen Schule für Fotografie im Rahmen des European Month Of Photography und „(Un)framing Our Identities“ in London. Ich hoffe, dass noch viiieele Ausstellungen dazukommen werden.
Welche persönliche Bedeutung hat die Fotografie für dich?
- Dadurch dass ich ein sehr visueller Mensch bin, ist die Fotografie für mich ein Mittel, das mir nicht nur hilft mich auszudrücken, sondern sie ist auch ein Medium, in dem ich mich frei austoben und spielen kann.