Serie: Heiter weiter
Laura Sauer
Potsdam, 25 Jahre
Deutscher Jugendfotopreis 2024
Experimente
Interview
Wie kam Dir die Idee zu deiner Serie?
- Ich wollte das Alltagsleben auf satirische und überzeichnete Weise darstellen und so auf die Absurditäten und Widersprüche der modernen Welt aufmerksam machen.
Die Serie spiegelt für mich einen stumpfen Optimismus wider, den ich in der Gesellschaft beobachte. Die schlummernden Katastrophen werden vom blauen Himmel zusammengehalten. Ein Fiasko wird zum Alltag, während die selbstbewusste, alternde Gesellschaft den Lifestyle der Heiterkeit manifestiert. Ein Fest der Freiheit, Individualität und der jugendlichen Energie. Sie feiern weiter. Heiter weiter.
Was und oder wer hat Dich inspiriert?
- Ich wollte Szenarien und Motive darstellen, die man so nicht zu fotografieren bekommt. Ich hatte mir die Ausstellung von Margarethe Murphy angeschaut, welche ebenfalls mit generierten Bildern arbeitet. Die fantasievollen, farbenfrohen und exzentrischen Bilder haben mich ermutigt Midjourney auszuprobieren. Außerdem hat mich der witzige und oft ungeschönte Blickwinkel in der Dokumentarfotografie von Martin Parr inspiriert.
Wie lief der Entstehungsprozess ab?
- Ich schrieb die ersten Prompts, probierte alle möglichen Begriffen und Befehle aus und beobachtete, wie Midjourney darauf reagierte. Der Entstehungsprozess war eigentlich sehr ähnlich zu meiner herkömmlichen Arbeit mit der Fotografie.
Ich besprach die Bilder immer wieder im Rahmen meines KI-Fotokurses an der Uni mit Komilliton*innen und meiner Professorin. Was gut funktionierte und interessante Ergebnisse erzielte, verfolgte ich weiter. So kam ich auf intuitive und spielerische Weise zu meiner Bildreihe.
Sei ehrlich: wie lange hast Du an einem Bild gearbeitet/ wie viele Anläufe hast Du gebraucht, bis Du mit dem Bild zufrieden warst?
- Ich habe 2 Monate an der Reihe gearbeitet. In ca 6 Wochen habe ich dabei 833 Bilder generiert, bis ich genügend Material für meine Serie hatte. Für einige Bilder habe ich mehrere Varianten versucht.
Nach dem Prompten kam es mir sehr auf das sorgfältige Auswählen der Bilder an, um das Thema „Heiter Weiter“ zu beschreiben und eine einheitlichen Bildsprache zu finden.
Seit wann arbeitest Du mit KI und wieso fiel Deine Wahl auf Midjourney?
- 2021 arbeitete ich das erste Mal mit der KI von Artbreeder, welche damals noch ohne einen Prompt Bilder generierte. Mit verschiedenen Reglern konnte ich dabei gezielt Einfluss auf das Ergebnis der KI nehmen.
Midjourney ist derzeit einer der bekanntesten und vermutlich bestentwickeltsten KI zur Generierung von professionellen Bildern. Das wollte ich ausprobieren :)
Was fasziniert Dich daran?
- Mir gefällt das Prinzip von Versuch und Irrtum beim Prompten. Da sich die Bildgenerierung noch in der Entwicklungen befindet, ist das Ergebnis eines Prompts oft zufällig. Das Spiel mit dem Zufall macht für mich die Arbeit mit der KI aber erst richtig interessant.
Es können ganz gewöhnliche und einfältige Bilder herauskommen, aber mit der richtigen Balance und ein wenig Geduld kann man ganze Bildwelten entstehen lassen.
Was ist generell Deine Meinung zu KI-Bildern? Wo sind die Chancen, wo die Herausforderungen?
- Vor allem sehe ich die Arbeit mit KI als einen weiteren Weg, um sich auszudrücken… als ein neues Werkzeug. Aufgrund der schnellen und erschwinglichen Generierung ist für viele Menschen ein Zugang zum Erschaffen von fantasievollen Bildern entstanden.
Jedoch reproduziert die KI immer wieder bestehende Stereotype und festigt damit Vorurteile. Eine Herausforderung wird für alle sein, dies zu umgehen und originelle Bilder zu erstellen. Bilder, die ungewöhnliche Facetten und Situationen darstellen und neue Perspektiven, sowohl stilistisch als auch inhaltlich, aufzeigen.
Fotografierst Du auch? Wenn ja, wie entscheidest Du dich zwischen beiden Arten der Produktion von Bildern?
- Ich fotografiere seit einigen Jahren und studiere auch Fotografie im Rahmen meines Kommunikationsdesignstudiums.
Ich entscheide mich nicht wirklich für oder gegen eine Art der Produktion. Es entsteht im Prozess. Als erstes ist die Idee und dann folgt die Umsetzung. Das kann manchmal auch beides beinhalten; fotografierte neben generierten Bildern.
Welche Bedeutung hat die Fotografie ganz allgemein für Dich? In welchem Zusammenhang steht die KI dabei für Dich?
- Ich finde das Bild, egal ob fotografiert, generiert oder bewegt, als solches, welches ohne Sprache erzählen kann, unglaublich spannend.
Manchmal möchte ich mit der Fotografie etwas wahrhaftiges, reales darstellen und manchmal möchte ich eine fiktive Vorstellung oder eine Idee transportieren. Gerade im Fiktiven, empfinde ich das generierte Bild als unglaublich hilfreich, weil es mir keine Grenzen, weder in der Umsetzung, noch in der Darstellung setzt.
Wo und wem zeigst Du deine Bilder? Stellst Du deine Fotos aus?
- Ich bespreche meine Fotos regelmäßig im Rahmen meines Studiums mit Kommiliton*innen und der Professorin Wiebke Loeper und zuletzt mit der Fotografin Friederike von Rauch. Ich habe bisher zwei- dreimal kleinere Gruppenausstellung gehabt.
Informierst Du Dich über aktuelle Fotografie (künstlerische Trends, Technik etc.)? Wenn ja, wo?
- Wenn mich die Inspiration von interessanten Werken online mal wieder überrennt, dann besuche ich gerne Fotografie- und Kunstausstellungen, vor allem im Raum Berlin und Leipzig.
Woran arbeitest Du gerade?
- Zurzeit arbeite ich an der Fotoreihe „Durststrecke“. Sechs Selbstporträts von mir beschreiben neben abstrakten verschwommenen Strukturen, einen inneren Dialog zwischen Aushalten und Wegrennen. Zwischen mehr wollen und nicht mehr können.
Wann muss man die Situation, in der man sich befindet, akzeptieren und wann ist es an der Zeit auszubrechen?