Serie: Immatur
Steffen Niers
Meppen, 23 Jahre
Deutscher Jugendfotopreis 2024
Jahresthema: #OK BOOMER,!?
Interview
Das Jahresthema lautete „OK BOOMER,!?“. Hattest Du hierzu spontan eine Idee?
- Das Thema dieses Jahres benennt nicht nur die Boomer-Generation, sondern ist als Aussage formuliert, welche von einer außerhalb stehenden, gegensätzlichen Generation stammt. In meinen Bildern geht es um genau diese jungen Menschen und ihre Lebensrealitäten.
Wie ist Deine Serie entstanden?
- Die Bilder wurden digital und mit einem Aufsteckblitz fotografiert. Durch das Blitzen verschmilzt die portraitierte Person nahezu zweidimensional mit ihrem Zimmer auf eine Fläche. Ein Mensch, der durch seine bloße Existenz in einem Bild bereits dazu neigt, dies zu dominieren, wird durch die gleichmäßig schonungslose Belichtung auf eine Ebene mit seiner Umgebung gebracht.
Wie war die Atmosphäre an den Orten, an dem Du fotografiert hast?
- Die Atmosphäre war so unterschiedlich, wie die Personen, die ich fotografiert habe, aber stets angenehm. Da ich jede Person vorher gefragt und ihr das Projekt nahegebracht habe, bestand schon von Beginn des Kennenlernens an eine gewisse Offenheit zur gemeinsamen Arbeit.
Wie wurdest Du als Fotograf*in auf- und wahrgenommen? Kanntest Du deine Subjekte?
- Es war mir wichtig, dass ich in der Serie nicht nur Menschen aus meiner eigenen Bubble portraitiere, sondern einen durch Zufall gewählten Querschnitt meiner Generation zeige. Um die Diversität verschiedener Lebensrealitäten abzubilden, habe ich mich über soziale Medien und Apps auf die Suche nach jungen Menschen begeben, aber auch alte Freundschaften wieder ausfündig gemacht und ebenfalls über viele Ecken neue Menschen kennengelernt.
Was hat Dir am meisten Spaß gemacht? Gab es auch Herausforderungen?
- Zu der Zeit, in der ich die Serie fotografierte, war ich durch mein Studium sehr ausgelastet, was das Kennenlernen von Leuten und auch das schlussendliche Ausmachen von Terminen erschwerte. Durch die Kamera neue Menschen kennenlernen und neue Erfahrungen machen zu können, bleibt allerdings eines der größten Privilegien der Fotografie und überwiegt am Ende einer Arbeit jede Herausforderung.
Ist die Boomer-Generation für Dich eher positiv oder negativ besetzt? Wie spiegelt sich Dein Eindruck der Boomer-Generation in Deinen Fotografien wider und was möchtest Du vermitteln?
- Ich denke, dass jede Generation ein Ergebnis der Umstände ist, in denen sie sich entwickelt. Somit fällt sowohl ein Loben als auch ein Anprangern einer bestimmten Generation und ihrer Eigenarten ins Bedeutungslose. Vielen jungen Menschen meiner Generation wird mit der Entwicklung der eigenen Selbstständigkeit bewusst, dass unsere Eltern vielleicht nicht so perfekt waren, wie wir mal dachten und uns viele offene Fragen und Probleme überlassen, die es für uns zu lösen gilt.
Fühlst Du dich einer bestimmten Generation zugehörig? Wenn ja, zu welcher und was zeichnet euch aus? Wenn nein, warum nicht?
- Per Definition bin ich Teil der Generation-Z. Sicherlich gibt es auch einiges, was mich mehr zu anderen Generationen zugehörig fühlen lässt, aber auch ebenso vieles, welches mich mit den Menschen meines Alters eint. Am Ende des Tages verbinden uns dieselben Umstände unserer Zeit, mit denen wir umzugehen lernen müssen.
Wie stehst Du zum Thema „Generationenkonflikte“ allgemein? Findest Du, die Debatte (z.B. in Zeitungen, im Fernsehen, etc.) wird für alle Beteiligten fair geführt?
- Teilen wir die Menschen in Generationen ein, so entstehen damit unglaublich große und ungenaue Gruppenidentitäten. Debattiert man Probleme dann auf so einer abstrahierten Ebene ist es kaum möglich, konkret zu werden und gleichzeitig alle Beteiligten gegenüber in ihrer Eigenartigkeit fair zu begegnen. Auch, wenn wir alle als Individuen mit all unseren Charakteristika existieren, ist es wichtig, uns als großes Ganzes zu verstehen.
Seit wann fotografierst Du und wie bist Du zur Fotografie gekommen? Was sind häufige Motive?
- Meine ersten Kontaktpunkte mit der Fotografie hatte ich, als ich meinem Vater mit sechs Jahren immer häufiger die Kamera klaute. Seither hat diese mich nicht mehr losgelassen. Da ich mich in vielen Sujets der Fotografie bewege, ist auch die Diversität meiner Motive sehr groß. Im Zentrum steht aber fast immer der Mensch. Personen und Charaktere sind das, was mich und meine Bilder antreibt.
Hast Du Vorbilder in der Fotografie?
- Es gibt unzählige wunderbare Fotograf/innen, welche es verdienen hier genannt zu werden: Von Pionieren und Urgesteinen der Fotografie bis hin zu Kommilitonen/innen und Freunden/innen, die ich in den letzten Jahren kennenlernen durfte. Fotografen, die ich besonders bewundere, sind wohl Richard Avedon, Arnold Newman & Walter Schels.
Welche persönliche Bedeutung hat die Fotografie für Dich?
- Am Ende lässt sich für mich Fotografie immer wieder auf einen Versuch zurückführen, Momente, Menschen und Emotionen aufzubewahren und vor dem Fortschreiten der Zeit zu schützen. Ich denke aber, dass die Fotografie uns über dieses endlose Streben hinweg ebenso viele weitere Möglichkeiten bieten kann, nicht nur Altes zu konservieren, sondern auch Neues zu schaffen.
Wo und wem zeigst Du deine Bilder? Stellst Du deine Fotos aus?
- Die ersten Menschen, die meine Bilder sehen sind immer meine Familie, meine Partnerin und meine engsten Freunde/innen und Kommilitonen/innen. Ausgestellt habe ich bisher vor allem im Rahmen des Studiums in Bielefeld, Bukarest und Herne, sowie über kleinere Wettbewerbe in anderen deutschen Städten.
Woran arbeitest Du gerade?
- Den Sommer über habe ich als Fotoassistent in Hamburg gearbeitet und durfte unglaublich viele wunderbare Menschen unserer Branche kennenlernen. Aktuell beginne ich die Konzeptionierung einer Serie, welche ich den Winter über fotografieren möchte und auch als meine Bachelorarbeit fungieren soll.