Kindergarten der AWO Oberhausen -
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Kindergarten der AWO Oberhausen

Oberhausen, 4-5 Jahre

Deutscher Jugendfotopreis 2004
Freie Themenwahl | Altersgruppe A (bis 10 Jahre)

1. Preis 500 € (Altersgruppe bis 14 Jahre) 

Jurybegründung    Interview     

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Jurybegründung

Einen Einblick in eine »andere Welt« haben die Kinder des Kindergartens der Arbeiterwohlfahrt erlebt, als sie ein Asylbewerberheim besucht haben. Mit ihren Fotos nehmen sie den Betrachter dorthin mit. Zu sehen sind Menschen, die nicht auf der Gewinnerseite der Gesellschaft stehen und doch gelingt es der Gruppe die Lebensfreude der Kinder in den Vordergrund zu rücken. Man sieht, wie sie wohnen und arbeiten und wo sie spielen. Die fünfjährigen Kinder begegnen den Asylbewerbern positiv und frei von Vorurteilen. Die Art und Weise wie sie fotografieren ist dabei fast filmisch: Die Kamera wechselt die Perspektive und die Entfernung, die Menschen vor der Kamera sind in Aktion und machen Dinge, die sie unbeobachtet vermutlich auch tun würden. Durch die unterschiedlichen Blickwinkel kann der Betrachter die Atmosphäre bei der Foto-Aktion fast fühlen.

Das Projekt ist ein besonders gelungenes Beispiel, wie mit einer einfühlsamen pädagogischen Anleitung auch kleine Kinder das Medium Fotografie »entdecken« und für die Darstellung ihres Alltags nutzen lernen.

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Interview

Interview mit Gisela Larisch

Wie viele Kinder haben bei dem Projekt mitgearbeitet? Männlich/weiblich
Wer hat diese angeleitet – kurze Daten zur Person?

G: In der Altersstufe der vier-fünfjährigen Kinder beobachteten wir ein großes Bedürfnis, sich über die aktuellen Ereignisse des Irak-Krieges auszutauschen und mitzuteilen. Aus diesem Grund wählten wir aus dieser Altersstufe eine Gruppe von 15 Kindern, davon sieben Mädchen und acht Jungen, deutscher und türkischer Herkunft.
An der Planung, der Entscheidung über den Projektverlauf und der Präsentation der Ergebnisse zum Projekt »Kindsein ist (nicht) kinderleicht…« waren alle pädagogischen Mitarbeiterinnen unserer Kindertageseinrichtung beteiligt in Zusammenarbeit mit dem Medienpädagogen Jörg Briese. Dies war aufgrund der sehr anspruchsvollen Thematik erforderlich, da die einzelnen Projektteilschritte nicht nur Nachbereitung, sondern auch Begleitung, Zeit zur Vertiefung und Auseinandersetzung mit dem Erfahrenen, als auch Austausch mit den Eltern der beteiligten Kinder bedeutete.

Mit 5 Jahren schon in Kontakt mit der Fotografie zu kommen, braucht verständlicherweise eine sehr starke medienpädagogische Anleitung. Wie haben Sie die Kinder auf den Besuch vorbereitet?

G: Die Kinder unserer Kindertageseinrichtung haben schon vielfältige Erfahrungen im Umgang mit (neuen) Medien sammeln können. In verschiedenen Projekten setzen wir uns auch mit dem Bereich der Fotografie auseinander, z.B. Camera Obscura, Chemogramme, Fotogramme u.ä.m.
Ein Rollenspiel führte uns in die Thematik ein. Das Verkleiden und Hineinschlüpfen in verschiedene Rollen ermöglichte den Kindern ihre eigenen Erfahrungen, Gedanken, Wünsche, Gefühle und Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen. In den Feedbackrunden stellten die Kinder fest, dass »Flucht nicht nur irgendwo auf der Welt passiert«. Einige Kinder berichteten von Flüchtlingen, die hier in Oberhausen ihr Zuhause gefunden haben.
Angeregt durch die vielen Fragen der Kinder wurde von uns Kontakt zu einem von der AWO betreuten Flüchtlingsheim im Stadtteil Holten aufgenommen. Die Unbefangenheit unserer Kinder ermutigte uns, das Projekt auszuweiten und die dort isoliert lebenden Roma-Kinder in unser Vorhaben zu integrieren.

Warum gerade aktive Medienarbeit?

G: Viele Kinder erleben den Umgang mit Medien eher passiv. Man sitzt vor dem Fernseher, hört Kassetten, bekommt ein Buch vorgelesen …
In unserer pädagogischen Arbeit ist es uns wichtig, dass sich die Kinder ihr Lebensumfeld bzw. ihre Lebensumwelt handelnd erschließen. Dies versuchen wir aus einem ganzheitlichen und situationsbezogenen Ansatz heraus, der das Kind mit seinen Fähigkeiten in den Mittelpunkt rückt und ihn zum Akteur werden lässt. Auf spielerische Weise erhalten die Kinder unserer Kindertageseinrichtung so Einblick in Handlungsabläufe, Sinn- und Lebenszusammenhänge und werden dazu angeleitet sich ein eigenes Bild von der Welt und seinen Herausforderungen zu machen. Sie erleben, dass sie über Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen, ihre Meinung gehört und anerkannt wird und dass sie ihren Lebensalltag aktiv mitgestalten können.

Gibt es in Ihrem Kindergarten selber Asylkinder? Wie war es für die Kinder zum ersten Mal ein Asylbewerberheim zu besuchen?

G: In unserer Kindertageseinrichtung gibt es keine Kinder, die in einem Asylbewerberheim leben. Einige Kinder sind jedoch aufgrund ihres nicht auf Dauer angelegten Aufenthaltsstatus mit eigenen Erfahrungen in der Familie (z. B. mit traumatischen Kriegserlebnissen der Eltern, Abschiebung, aktuell oder aus Erzählungen von Familienmitgliedern) konfrontiert.
Die Reaktionen der Kinder waren sehr unterschiedlich. Beim ersten Besuch im Flüchtlingsheim waren die Kinder sehr zurückhaltend. Man merkte deutlich, wie fremd diese Umgebung auf die Kinder wirkte. In anschließenden Gesprächen äußerten sie sich folgendermaßen: »Dort war es schmutzig.« – »Es hat komisch gerochen.« – »Da sieht es ganz anders aus als zu Hause.« – »… aber die Waffeln waren lecker«.

Welche Reaktionen kamen, auch von der anderen Seite?

G: Die Kinder aus dem Asylbewerberheim waren sehr aufgeschlossen. Die Besuche in unserem Haus waren genauso wie unsere Gegenbesuche spannend. Die Kinder probierten die unterschiedlichen Materialien aus und erkundeten neugierig mit unseren Kindern gemeinsam die Möglichkeiten in unserem Haus. Die Kinder begegneten sich im Kontakt unvoreingenommen, freundlich und signalisierten gegenseitiges Interesse. Vielleicht auch aufgrund dieser Basis des Miteinanderumgehens bekam das Projekt eine eigene Dynamik:
Anders als beabsichtigt, setzte der Medienpädagoge Jörg Briese mit den Kindern und Erzieherinnen des Asylbewerberheims das Fotografische Projekt parallel zu den Teilschritten im Kindergarten um.
Im Asylbewerberheim waren mit der Zeit viele Anwohner (Kinder und Erwachsene) in das Projekt involviert. Man warteten auf die Kindergartenkinder, begrüßte sie freundlich, schaute interessiert auf das was wir an diesem Tag machten, lud uns in die eigenen Räume ein, stand für Interviews zur Verfügung und … schenkte jedem unserer Kinder zum Abschied ein Kuscheltier.

Wird es weitere Projekte in dieser Richtung geben?

G: Im Bereich der Medienpädagogischen Arbeit ist das Repertoire der Möglichkeiten für uns noch lange nicht erschöpft (zumal wir unsere Arbeit als einen sich immer verändernden Prozess ansehen). All zu oft fehlen jedoch die finanziellen Mittel zur Umsetzung, um z. B. eine erforderliche technische Ausstattung oder eine Begleitung durch Fachleute sicher zu stellen.
In der letzten Woche haben wir ein weiteres spannendes Projekt mit medienpädagogischen Bausteinen begonnen. Drei Schwerpunkte werden uns dabei begleiten:
• Vom digitalen Foto zum animierten Bild.
• Von der erfundenen Geschichte zum Hörspiel.
• Vom Rollenspiel zu ersten filmischen Sequenzen.

(Tipp zum Weiterlesen: Projektbeschreibung »Praktische Fotoarbeit mit Kindern« in dem Buch IMAGING, erschienen im VS Verlag, ISBN 3-531-14323-9)

 

 

Preisträgerfotos + 2004 + Alter: bis 10 Jahre