Louis Roth - Monument im Finance District
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Louis Roth - Wohnbezirk R3
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Louis Roth - Treppen zur Masjid Misr Moschee
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Louis Roth - Büro
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Louis Roth - Reinigungskräfte in einem Hotelresort
Reinigungskräfte in einem Hotelresort

Serie: Fata Morgana

Louis Roth

Berlin, 22 Jahre

Deutscher Jugendfotopreis 2024
Freie Themenwahl | Altersgruppe D (21-25 Jahre)

Auszeichnung 300 € 

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Interview

Wie ist die Idee zur Serie entstanden und worum geht es?
- Fata morgana gibt einen Einblick in die Neue Hauptstadt Ägyptens und thematisiert die Spannung zwischen utopischer Fiktion und städtebaulichen Kontroversen. Zum ersten Mal von der Stadt gehört habe ich von meinem Cousin, der auch Familie in Ägypten hat. Damals war ich fasziniert und ungläubig, dass es eine solche Stadt wirklich geben wird. Als ich später selbst Artikel darüber gelesen habe, war ich erstaunt, dass es von so einem fotogenen Thema kaum gelungene Bilder gibt - nicht ohne Grund wie ich dann auch erfahren habe.

Welchen Bezug hast Du zu Ägypten?
- Die kurze Antwort ist: Es gibt keinen direkten Bezug. Die Lange: Ein paar Jahre zuvor war ich mit Freunden in Ägypten auf Reisen. Damals fand ich das Land spannend und habe auch erste Fotos von stillgelegten Baustellen gemacht, wie es sie zuhauf in den Touristenstädten am Meer gibt. Für meine Abschlussarbeit von der Ostkreuzschule habe ich dann nach aktuellen Themen in Ägypten geschaut, weil ich meinte, mich dort halbwegs zurechtfinden zu können. Denn meiner Meinung nach geht es bei der Themenfindung immer darum, welchen Zugang ich habe, den andere eventuell nicht haben. Dabei bin ich schnell wieder auf das Thema der Neuen Hauptstadt gestoßen, habe tiefergehend dazu recherchiert und ein Journalisten Visa beantragt - leider aussichtslos.

Wie war der Arbeitsprozess?
- Auf der ersten Reise wusste ich noch nicht, ob ich ohne Genehmigung überhaupt in die neue Stadt einreisen kann und hatte ziemliche Angst. Zum Glück hat das dann geklappt und ich konnte auch fotografieren - zumindest, wenn ich schnell genug wieder weg war oder die passende Ausrede parat hatte. Denn das Fotografieren von Regierungsgebäuden und Baustellen ist in Ägypten durch ungeschriebene Gesetze verboten und somit in der ganzen Stadt geahndet. Pressefreiheit ist unter dem Militärregime von Al-Sisi quasi nonexistent. Dazu kommt, dass ich als 1,90m großer, blonder Typ wie ein Leuchtturm aus der Landschaft heraussteche und kein Wort Arabisch spreche. Es gab also einige Hindernisse, doch genau die konnte ich manchmal auch als Stärken nutzen: Einmal wurde ich in eine Gated Community hereingelassen, weil der Security mein englisches Gebrabbel nicht verstand und mich lieber durchwinkte, statt einen Aufstand zu machen. Ein anderes Mal hatte ich einen Freund aus Kairo als Übersetzer dabei, der am Einlass erklärte ich sei ein interessierter Investor. Unserer Bitte, ohne Führung durch die Siedlung fahren zu dürfen, verlieh er Nachdruck indem er dem Mann ein paar Pfund in die Hand drückte. Doch dieses Katz und Maus Spiel mit den Behörden blieb nicht immer ohne Konsequenzen und gerade als ich mit meinem Freund und Übersetzer, den ich auf der ersten Reise kennengelernt und auf der dritten Reise dann für ein paar Tage fest gebucht hatte, eingespielt war, wurden wir zu unvorsichtig und landeten für zwei Nächte auf der Polizeistation der National Defense Forces. Vermutlich war es wegen Verdacht auf Spionage, doch uns wurden keinerlei konkrete Infos mitgeteilt, nur Fragen gestellt...

In welchem Zeitraum sind die Fotos entstanden? Wie lange warst du vor Ort?
- Von 2022 bis 2023 war ich auf drei Reisen für jeweils drei bis vier Wochen in Kairo und bin dann an fünf Tagen in der Woche in die Neue Stadt fotografieren gefahren.

Wonach hast du deine Fotos ausgewählt? Was fasziniert dich?
- Für mich sind Fotos spannend, die mich auf den ersten Blick mit ihrer Komposition und ihren Tonwerten festhalten. Um meine Aufmerksamkeit dann aber länger zu verhaften, müssen sie mich in irgendeiner Art und Weise und am besten auf mehrere Arten gleichzeitig zum Grübeln bringen. Das kann unter anderem durch visuelle Paradoxen gelingen. So habe ich zum Beispiel ein Foto von einem Stadttor ausgewählt, welches dem Prunk und der schnellen Blockierbarkeit gegen Proteste aus Kairo dient. Dieses Tor mit eher hässlichem Zweck aber wird in wunderschönem Wüstenlicht und einer ausgewogenen Komposition präsentiert. Gleichzeitig spielt in die Wirkung des Bildes mit herein, dass die noch unpersonalisierte Landschaft surreal, wie ein modernes Rendering wirkt, aber vom architektonischen Stil her an das antike Ägypten erinnert.

Die Fotos wirken fast surreal, wurden sie schon einmal mit KI generierten Bildern verwechselt?
- Ich werde häufig gefragt, ob das Titelbild meines Buches von den Säulen mit eingraviertem Binärcode real ist. Über diese Verwirrung freue ich mich dann immer und denke "perfekt. Wirkung erzielt.".
Bereits bei der Recherche war ich fasziniert von dem gravierenden Unterschied zwischen den Renderings der geplanten Stadt und den Aufnahmen der fertiggestellten Bauwerke. In ersterem ist eine perfekte grüne Landschaft voller glücklicher Menschen zu sehen, die einen westlichen Lebensstil genießen - in der Realität sind es staubige Glasfassaden, die mitten in der Wüste stehen und nur von den betenden Arbeitern frequentiert werden. Ich denke, dass ich selbst sehr von fiktionalen Geschichten und Sci-Fi Filmen geprägt bin (während der dritten Reise kam Dune 2 heraus) und würde sogar so weit gehen die Fähigkeit zur Fiktion als wichtigstes Alleinstellungsmerkmal des Menschen zu verstehen. Gleichzeitig ist die Wahrheit keine Geschichte. Damit werde ich mich in meinen kommenden Arbeiten sicher weiter auseinandersetzen.


Was hat Dir am meisten Spaß gemacht? Was waren Herausforderungen im Prozess?
- Auf die Herausforderungen bin ich ja vorhin schon eingegangen. Spaß hatte ich am meisten in den Momenten, in denen ich einer brenzligen Situation gerade so entkommen und dann mit lauter Musik davongefahren bin oder wenn ich das Gefühl hatte, einfach die perfekten Fotos gemacht zu haben. Außerdem an den Tagen, die ich abseits all des Fotografierens mit Freunden verbracht habe, welche ich in Kairo kennengelernt habe. Es gibt dort eine kleine aber wahnsinnig lebendige liberale Bubble, in der viel gefeiert wird.

Was liegt Dir bei dieser Arbeit besonders am Herzen?
- "Ich habe in den Apfel der Erkenntnis gebissen und danach Wolkenkratzer in die Wüste geschissen." Das ist ein Zitat aus dem Song MC HomoSapienSapiens in dem Käpt'n Peng aus der Perspektive unserer Spezies rappt... Ich finde es unglaublich absurd in Zeiten des Klimawandels neue Bauprojekte ohne ernsthafte nachhaltige Bestrebungen in Gang zu setzen. Sicher liegt es mir auch am Herzen, die Arbeiter in unwürdigen Bedingungen und die immer weiter schwindende Pressefreiheit in Ägypten aufzuzeigen. Doch in allererster Linie muss ich sagen interessieren mich einfach gute Bilder und es ging mir darum eine einzigartige Abschlussarbeit zu fotografieren.

Seit wann fotografierst Du und wie bist Du zur Fotografie gekommen?
- Ich fotografiere seit sechs Jahren. 2019 kam ich gerade aus dem Abitur und habe mir eine kleine Sony Kamera gekauft um mein - meiner Meinung nach - superspannendes Leben zu dokumentieren. Ich war ein halbes Jahr auf Reisen und feiern, bis der Moment kam an dem ich dachte: "Ich will arbeiten!". Und das naheliegendste war in dem Moment eben die Fotografie, also machte ich ein Praktikum bei einem Werbefotografen im Studio, der mich dann sofort dazu überredete, mich beim Letteverein und der Ostkreuzschule zu bewerben. Heute denke ich, dass mein Blick auf die Außenwelt viel spannender als mein Privatleben ist.

Was fotografierst Du am meisten? Welche Motive, bei welchen Gelegenheiten?
- Im Laufe des Studiums habe ich gemerkt, dass ich am besten funktioniere, wenn ich gezielt an einem oder mehreren Projekten arbeite und dann nur dafür mit der Kamera losgehe und sie ansonsten zuhause lasse. Die Motive, die ich wähle, hängen dann immer vom Thema ab. Manchmal mache ich natürlich Ausnahmen und fotografiere ohne Konzept nur so aus Spaß.

Was möchtest Du mit deiner Fotografie bewegen?
- Ich möchte das Menschen mich verstehen. Fotografie ist bisher das Werkzeug, mit dem ich meine Weltanschauung am besten ausdrücken kann.

Wo findest Du Inspiration?
- Ich lese, gucke Filme, höre Musik und gehe in Ausstellungen. Manchmal rede ich mit Menschen.

Wo und wem zeigst Du deine Bilder? Stellst du deine Fotos aus?
- Mit dem Ende des Studiums fallen auch die regelmäßigen Bildbesprechungen weg und nach einer kurzen Pause vom "über Bilder reden", möchte ich regelmäßige Treffen mit Alumni etablieren. Wir hatten im Mai und Juni unsere Abschlussausstellung "ACHTZEHN" in zwei Industriehallen in Berlin, das war ein voller Erfolg. Bei der Eröffnung kamen um die 3000 Leute und wir haben sehr gutes Feedback bekommen. Mein Buch ist gerade im LUMA in Arles auf der Dummy Award Shortlist zu sehen und ich stelle dieses Jahr noch in der Technischen Sammlung Dresden beim Portraits Hellerau Award und in Marseille beim Prix Maison Blanche aus.

Woran arbeitest Du gerade?
- Im Moment arbeite ich noch an der Verbreitung meiner Arbeit fata morgana in verschiedenen Kontexten. Demnächst wird sie im ZEIT Magazin veröffentlicht! Nebenbei habe ich schon länger ein Langzeitprojekt am Laufen, dass wohl auch noch ein paar Jahre unveröffentlicht bleibt und bin in der Phase der Ideenfindung für mein nächstes Hauptprojekt.

 

 

Preisträgerfotos + 2024 + Alter: 21–25 Jahre