Mark Baranovskiy - Animation: Ich weiß, dass ich nichts weiß
Animation: Ich weiß, dass ich nichts weiß

Mark Baranovskiy

Essen, 21 Jahre

Deutscher Jugendfotopreis 2018
Imaging und Experimente

Auszeichnung 300 €

Die Foto-Animation anschauen 

Homepage    Interview     

   2 7

 
X

Interview

Wie bist du auf die Idee zu deiner Animation gekommen?
Es hat alles damit angefangen, dass ich bei der Bildbearbeitung immer wieder gern mit der Tonwertkorrektur spielte. Bei analogen, kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bildern reizte mich die durch Dunkelheit entstehende Stimmung sehr. Mir war aber auch klar, dass dieser Reiz als solcher relativ fragil ist, und dem Bild gegenüber auch noch recht zerstörerisch – die Verdunkelung hebt die ganz unscheinbaren Flächen unerwartet hervor, verleiht ihnen etwas Geheimnisvolles und Schönes, lässt aber gleichzeitig etwas anderes auf dem Bild in einer nichtssagenden Schwärze versinken. Also suchte ich nach einer Möglichkeit, wie sich beides vereinbaren lässt.

Wie hast du die Belichtungsverläufe erstellt? Welche Technik(en) hast du verwendet?
Nachdem die Idee sich manifestierte, war die Umsetzung relativ einfach – mithilfe von Animationssoftware habe ich jedes Bild mit Tonwertkorrektur-Filter versehen und mit Keyframes animiert. Der Unterschied zum einfachen Überblenden liegt hierbei natürlich darin, dass jedes Bild sich auf seine ganz eigene Art und Weise „entwickelt“, denn bei jedem Bild unterscheiden sich die Tonwerte.

Was war dir wichtig, worum ging es dir dabei?
Es war ursprünglich eine Idee, die der reinen Ästhetik entsprang: diese sich verändernden Bilder haben eine recht eigenartige Schönheit, die mich sehr interessiert. Doch es fügte sich ganz wunderbar in eine andere, theoretische Auseinandersetzung, in die ich zufällig hineingeraten bin, als ich vor einem Jahr einen kurzen Aufsatz von Wiktor Schklowski las. Schklowski war ein russischer Wissenschaftler und beschäftigte sich eigentlich mit Prosa und Poesie. Mich faszinierte sein Blick: Er schrieb über den natürlichen menschlichen Automatismus, der dazu führt, dass man früher oder später nichts mehr vom Alltag mitbekommt und eigentlich nur schlafwandelt, mechanisch agiert, ohne wahrhaft anwesend zu sein. Die Kunst sei aus seiner Sicht das einzige Mittel, dagegen vorzugehen, indem man die gewöhnlichsten Dinge entfremdet und somit Stolpersteine in den Weg der menschlichen Wahrnehmung legt – so, dass man sich eine ganz gewöhnliche Wand anschaut, aber das Gefühl hat, da stimmt was nicht, und sieht sie sich dann genauer an – tatsächlich sieht man sie aber zum allerersten Mal. Dieses Wie-zum-ersten-Mal-Schauen finde ich sehr spannend, und es ist der Gegenstand dieser meiner Untersuchung, meiner Arbeit.

Wie bist du zur Fotografie gekommen? Seit wann fotografierst du?
Schon seit der frühen Kindheit. Ich erinnere mich noch an die erste Begegnung mit der Fotografie, da war ich ungefähr sechs Jahre alt: es war im Urlaub mit meinem Vater, wir sind kurz vor dem Schlafengehen noch am Strand unterwegs gewesen. Es war schon sehr dunkel und ich verfolgte mit der Kamera meines Vaters Katzen am Strand. Zwar habe ich sie geblitzt, aber aus den Bildern wurde nichts, glaube ich – wahrscheinlich waren es allesamt schwarze Katzen…

Warum experimentierst du mit den Bildern auf diese Weise?
Ich glaube, es gibt keine einzig richtige Art und Weise, wie man mit Bildern umgehen sollte. Wenn mich etwas reizt, möchte ich das näher untersuchen, ja festhalten, bevor es mir wieder entschwindet, denn die spannendsten Empfindungen erweisen sich oft als flüchtig. Mal habe ich das Gefühl, das Bild reicht nicht aus und greife auf Sprache zurück, schreibe etwas; mal mache ich animierte Bilder. Das Bild ist weniger ein Ergebnis der Technik, vielmehr aber das der Imagination, des Denkens und Empfindens, und so gesehen sind die Mittel relativ unbedeutend.

Hast du Vorbilder in der Fotografie?
Ja, in der Fotografie vor allem die Künstler, die sich auf irgendeine Art und Weise mit der Stadt beschäftigten: André Kertész, Eugène Atget. Ganz stark geprägt haben mich aber Henri Cartier-Bresson und Elliott Erwitt. Doch das war früher… Heute dienen mir als große Inspirationsquellen vielmehr Literatur und Musik.

Wie bist du auf den Deutschen Jugendfotopreis aufmerksam geworden?
Zum ersten Mal vor einigen Jahren schon, ich glaube durch einen Hinweis meiner Professorin. Aber man stößt immer wieder auf Informationen dazu im Internet.

Wo und Wem zeigst du deine Werke? Stellst du sie aus?
Meine Bilder zeige ich vor allem in der Uni, meinen Kommilitonen und Professoren. In September stelle ich meine Bachelor-Arbeit im Rahmen von Folkwang Finale in Essen aus.

(Wo) findet man deine Bilder im Internet?
Ich habe zwei Seiten im Internet – eine nur für Texte, wo es auch viel um Fotografie geht – ovski.de –, und eine nur für Bilder – mark-baranovskiy.com.

 

 

Preisträgerfotos + 2018 + Experimente