Jonas Ludwig Walter -
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Serie: Totenstille

Jonas Ludwig Walter

Berlin, 23 Jahre

Deutscher Jugendfotopreis 2008
Freie Themenwahl | Altersgruppe D (21-25 Jahre)

Prämie 150 € 

Interview    über meine Fotos ...     

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über meine Fotos ...

Mit dem Schuljahr endete im Sommer 2006 auch der Betrieb an der Gesamtschule Juri-Gagarin in Rhinow, weil nach deutschem Recht zu wenig Schüler in der Region im Havelland leben. Deren Schulweg verlängert sich um 20 Kilometer nach Friesack. Doch die Abwanderung ist in einigen Gebieten Brandenburgs und Ostdeutschlands so groß, dass diese Schule trotz des erweiterten Einzugsgebietes, 2005 noch fünf- und sechszügig, das neue Schuljahr mit gerade dreißig neuen Siebtklässlern begann. Die Schließung auch der Friesacker Schule scheint nur noch eine Frage der Zeit, denn ohne Schüler lässt sich keine Schule machen.
Die beiden Kleinstädte sind nur Beispiele: Allein in der Prignitz wurden in den letzten Jahren 25 Schulen geschlossen, sie ist der am dünnsten besiedelte Landkreis Deutschlands.
Das führt die Perspektivlosigkeit dieser Gegenden – vor allem ihrer Kinder - vor Augen. „Wenn morgens die Busse weg sind, herrscht hier Totenstille“.
Die Schließung einer Schule ist Folge und Motor dieses Prozesses zugleich. Je schlimmer es wird, desto mehr Leute gehen. Und je mehr Leute gehen, desto schlimmer wird es. Die Schule ist die Zukunft des Ortes. Rhinow hat keine Schule mehr. „Es gab keine Alternative. Was wollen sie tun, wenn niemand mehr da ist?“

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Interview

- Wie bist du auf die Idee zu deiner Serie gekommen?
-- Es geht mir im Prinzip um die Problematik aussterbender Regionen in Ostdeutschland, um die Situation der Menschen im so genannten Wolfserwartungsland und die Bedingungen für Kinder und Jugendliche in diesen Gegenden, wenn Schulen wirtschaftlich rentabel sein müssen. Die politischen Hintergründe hängen alle zusammen. Die Schule, die ich fotografiert habe, lag in Rhinow, einer Kleinstadt wie andere, im Havelland. Dort spürt man diese Endzeitstimmung überall, man kann sich dem nicht entziehen. Die Schließung einer Schule ist Folge und Motor des Abwanderungsprozesses zugleich. Je schlimmer es wird, desto mehr Leute gehen, und je mehr Leute gehen, desto schlimmer wird es. Als ich von der Schließung erfahren habe - die in dem Zuge leider nur eine von vielen ist - war mir klar, dass ich das fotografieren will, und bin dahin gefahren, denn hier kommt das Problem auf den Punkt: Die Schulen sind die Zukunft der Orte. Rhinow hat keine Schule mehr…

- Wie sind die Bilder entstanden?
-- Ich habe unmittelbar nach Ende des Schulbetriebes mit einer alten Pentacon Six TL mit einem 50mm-Objektiv auf Dia-Rollfilm fotografiert; vom Stativ, bei vorhandenem Licht mit Belichtungszeiten zwischen 1/8sec. und etwa einer Minute. Damals habe ich ein Praktikum bei einem Fotografen gemacht, bei dem ich grundlegende Photoshopkenntnisse erlernt habe. Im Vorfeld hatte ich überlegt, ob ich schwarzweiß fotografiere, eventuell Kleinbild, oder so. Diese Entscheidung haben mir die Räume dann fast abgenommen, als ich in das Gebäude kam.

- Wie bist du zur Fotografie gekommen?
-- Ich bin da gewissermaßen rein gewachsen, durch die frei künstlerische Arbeit meiner Mutter, was ich aber zunächst als hemmend empfunden habe, selber Fotografie zu studieren. Ich hatte schon immer eine Kamera von meinem Großvater, eine zweiäugige Mittelformatkamera. Dadurch musste ich von Anfang an begreifen, wie Blende, Verschlusszeit und Filmempfindlichkeit wirken. Sicherlich gab es auch einige Bilder, wie die Mode- und Reportagefotografien einiger späterer Ostkreuz-FotografInnen, die ein konkretes Interesse geweckt haben, einen konkreten Zeitpunkt gab es nicht. Ich habe relativ spät angefangen ernsthaft zu fotografieren. Zwei Kühe auf einer Weide waren gewissermaßen der endgültige Auslöser für den Entschluss. „Totenstille“ ist, neben einer Porträtserie, dann speziell für meine Bewerbungsmappe entstanden.

- Wo oder wem zeigst du deine Bilder?
-- In erster Linie Mitstudenten und Dozenten an der Ostkreuzschule, wo ich inzwischen konsequenterweise studiere, aber auch Bekannten und Verwandten. Hin und wieder natürlich auch in Ausstellungen.

- Gibst du deinen Bildern Titel?
-- Das entscheide ich individuell. Ich denke es ist überflüssig, Bilder nach ihrem Motiv zu benennen. Ein Titel muss eine neue Dimension einbringen, dann ist er allerdings ein tolles Mittel, das ich sehr gerne benutze, um beispielsweise die Fallhöhe zu vergrößern. Manchmal braucht es auch einfach die Erklärung durch den Titel. Wenn, dann benenne ich meistens die gesamte Geschichte, so wie auch „Totenstille“. Dieser Titel bezieht sich auf einen Satz des ehemaligen Direktors, der zu der Situation dort gesagt hat: „Wenn morgens die Schulbusse weg sind herrscht hier Totenstille.“

- Welche Bedeutung hat die Fotografie für dich?
-- Sie wird mein Beruf. Was ich mag ist, beim Botografieren immer wieder etwas zu lernen, zu erkennen. Das passiert zwangsläufig und unbemerkt. Es hat immer diesen Moment der Wahrheit. Natürlich spielt auch das Festhalten eine Rolle. Durch das Separieren einzelner Teile der Realität, der Zeit, und ihre Transformation in ein Bild, wie es beim Fotografieren passiert, bekommen diese einen besonderen Wert und können diese Realität abbilden, und vielleicht noch darüber hinausgehen. So ist Fotografie gewissermaßen eine eigene Sprache, mit endlos vielen Dialekten natürlich, also eine Art zu kommunizieren - durch die Ästhetik der Bilder. Das fasziniert mich daran.

 

 

Preisträgerfotos + 2008 + Alter: 21–25 Jahre