Lukas Giesler - Lilly
Lilly

Lukas Giesler

Karlsruhe, 25 Jahre

Deutscher Jugendfotopreis 2016
Imaging und Experimente

3. Preis 300 €, Publikumspreis 

Jurybegründung    Interview     

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Jurybegründung

In einer Zeit, in der an jeder Ecke Handykameras gezückt werden, beruft sich Lukas Giesler auf ein entschleunigendes Verfahren der Bilderstellung: der Fotolithografie. Bei dieser alten Drucktechnik wird ein Fotonegativ auf eine entsprechend präparierte, lichtempfindliche Steinoberfläche belichtet, die anschließend als Druckplatte dient. Durch die Kombination verschiedener künstlerischer Medien entwickelt das Porträt „Lilly“ eine fast schon gemäldeartige Struktur auf dem Büttenpapier. Die Bildwirkung dieses übergroßen Schwarzweiß-Druckes ist enorm – auch weil die Porträtierte selbst gut in Szene gesetzt ist und der starke Blick der jungen Frau den Betrachter fesselt.

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Interview

Wie bist du auf die Idee zu deinem Bild gekommen?
- Darstellungen und Abbildungen von Menschen haben mich schon immer fasziniert.

Was war dir wichtig, worum ging es dir dabei?
- Ich versuche durch Verfremdung und Beschädigung der Abbildung den Bildinhalt von der Realität zu lösen. Der Druck soll durch diese Prozessspuren autonom werden, nicht mehr nur Vertreter der Realität, die er zeigt.

Wie ist das Bild entstanden? Welche Technik(en) hast du benutzt?
- Bei den von mir eingereichten Drucken handelt es sich um Fotolithografien.
Die Lithografie gilt als Vorgänger des heute viel verwendeten Offsetdrucks. Das lithografische Prinzip basiert auf der Abstoßung von Fett und Wasser. Das Steinkornraster ist mit einem Binärcode zu vergleichen. Jeder Pixel entscheidet sich, ob er Wasser führt oder nicht. Bei dieser Technik wird eine lichtempfindliche Schicht von Hand auf den Stein aufgetragen. Die Schicht wird aus Eiweiß und Kaliumdichromat hergestellt. Anschließend können Fotonegative auf die lichtempfindliche Steinoberfläche belichtet werden. Dieser Prozess ähnelt der Fotobelichtung in der Dunkelkammer, nur dass an Stelle des Fotopapiers der Lithografiestein liegt. Dieser Stein dient dann als Druckplatte, mit deren Hilfe Abzüge auf Büttenpapier hergestellt werden.

Wo ist dieses großformatige Bild entstanden? In welchen Räumlichkeiten?
- Das Foto habe ich in meinem Zimmer aufgenommen. Den Druck habe ich in der Werkstatt für Lithografie und Offsetdruck an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe hergestellt.

Der Erstellungsprozess ist recht aufwändig. Wie lange dauert es, bis du den ersten Abzug in den Händen hältst?
- Die Lithografie ist eine Technik, die sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Es kann es bis zu vier Monaten dauern, bis ein Abzug fertig ist, da ich parallel an verschiedenen Projekten arbeite...
Das Arbeiten mit diesen großen und schweren Steinen ist langsam und anstrengend. Als erstes muss der vorherige Druck abgeschliffenen werden. Das passiert von Hand, indem man zwei Steine gegeneinander schleift. Nachdem das Bild auf den Stein belichtet wurde, muss dieser so präpariert werden, dass man ihn drucken kann. Dieser Prozess dauert am besten so lange wie möglich, denn je öfter man den Stein zwischen den Bearbeitungsschritten liegen lässt, desto schöner lässt er sich später drucken.

Wie viele Abzüge erstellst du pro Vorlage?
- Einen. Manchmal einen zweiten als 'Backup'.

Warum hast du genau dieses Bild ausgesucht? Was fasziniert dich an ihm?
- Ich finde es immer sehr schwierig, aus vielen Porträtfotos das „richtige“ auszuwählen. Die Arbeit mit einem Bild und der Druckprozess werden dann wichtiger als diese Entscheidung.

Bewegst du dich oft in den Grenzbereichen der Fotografie? Welche anderen Techniken hast du schon erprobt?
- Es macht mir vor allem Spaß, mit Flachdrucktechniken zu experimentieren. Diese künstlerisch-ästhetische Forschung bereitet, als Erkundung entlang der Grenzbereiche von Fotografie, ein Feld unterschiedlicher Zugänge zur Reflexion der uns umgebenden zeitgenössischen Realitäten.


Was fotografierst du am meisten? Welche Motive, bei welchen Gelegenheiten?
- Ich finde, der Mensch ist das spannendste Motiv.

Hast du Vorbilder in der Fotografie?
- Ryan McGinley, Andres Serrano, August Sander, Helmut Newton, Nan Goldin, Rineke Dijkstra, Jeff Wall, Roger Ballen.

Wo und wem zeigst du deine Bilder? Stellst du deine Fotos aus?
- Ich freue mich immer sehr über die Möglichkeit meine Arbeiten auszustellen. 2016 gab es zum Beispiel folgende Ausstellungen:
"Grafik 2016" AKIYOSHIDAI - International Art Village, Shuho-cho, Mine-city (Yamaguchi, Japan)
"Grafik 2016 // AAP // artist show" Salon de l'édition d'art Fondation Fernet Branca musee de l'art contemporain, (Saint Louis/Alsace, Frankreich)
Und mein Diplom: „Ringley Study“ an der Kunstakademie in Karlsruhe.

Wie wurdest du auf den Deutschen Jugendfotopreis aufmerksam?
- Durch einen Freund.

 

 

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